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Date: 2010-11-16
Subject: Zuschauer, Damen WM #3
Ort: Santiago de Chile
From: markus
Ueberschrift: Hier ist alles anders

Nachdem ich mich gestern mit Rodrigo fuer heute verabredet hatte war dieses Mal die Pforte des Club Manquehue keine unueberwindbare Barriere mehr. Ganz einfach war's aber doch nicht. Als dann der Zettel mit meinem Namen den Rodrigo hinterlegen lassen hatte gefunden war und ich meinen Pass gezeigt hatte kam ich dann aber doch rein.

Das Clubgelaende ist unglaublich. 16 Tennisfelder, 3 grosse Sportplaetze, einen Hockeyplatz mit Kunstrasen, eine Leichtathletikanlage, eine Volleyballhalle, eine gut ausgestattete Kunstturnhalle, Fitnessraeume, Clubraeume, Grillplaetze, ... und das ist nur das was ich gesehen habe. Dazu ueberall Blumen und eine ganze Menge Gaertner die sich um alles kuemmern. Unglaublich eben.

Der Rasen ist nicht optimal, aber fuer die Verhaeltnisse hier bestimmt gut. Normalerweise haben die Faustballer nur einen der drei Plaetze, jetzt fuer die WM aber alle drei. Einen zum Trainieren, einen fuer Donnerstag und Freitag, und den Hauptplatz fuer das Wochenende.

Auch was das Mithelfen angeht musste ich schnell sehen, dass hier alles etwas anders laeuft. Hier ist nicht die Faustballabteilung gross im Einsatz und bastelt Tribuenen, baut Essensstaende auf, dekoriert, nein, hier wird alles von Externen uebernommen. Zelte liess man aufbauen und dekorieren, die Verpflegung wird von Dienstleistern uebernommen, und der Club selbst bietet auf der tollen Anlage den Rest schon automatisch. Die Faustballer hier koordinieren nur den groben Ablauf. Mit mithelfen ist da also nicht viel los. Jetzt wo ich sehe wie es hier ablaeuft kann ich mir vorstellen wie die Chilenen komisch geschaut haben muessen als ich mich als Hilfswilliger vorstellte.

Nachdem mit arbeiten nichts los war schaute ich eben beim Training zu. Vormittags waren die Schweizerinnen auf dem Platz. Nachmittags die Oestereicherinnen und die Chilenen. Als ich ging waren die Deutschen gerade auf das Gelaende gekommen. Ein paar Eindruecke vom Training:

Das Training der Schweizer sah am professionellsten aus. Das deckt sich mit der Tatsache, dass es von den Schweizern viel moderne Faustballtrainingsliteratur gibt. Die Oestereicher machten nicht so viel Balltraining und hatten einen weniger praesenten Trainer, die Mannschaft machte viel selbst. Beide Teams hatten aber einiges zu bieten. Gerade am Schlag ist gute Technik und Druck da. Die Zeiten von langweiligen Angriffsschlaegen bei den Frauen ist jedenfalls vorbei. Bei den Chileninnen sah man klar den Klassenunterschied. Es waren allerdings auch nur vier Spielerinnen anwesend. Die momentane Pruefungszeit an den Unis hier koennte ein Grund sein. Das Ziel der Chileninnen ist der vierte Platz -- klar. Doch einen der ``grossen Vier'' hinter sich zu lassen scheint aussichtslos, jedenfalls falls der Rest der Mannschaft auch auf dem Niveau spielt. Es ist eben wie ein Landesligateam gegen die erste Bundesliga (auf deutsche Maenner bezogen).

Aber was will man auch anderes erwarten wenn es genau zwei Vereine (Manquehue und Llanquihue) in Chile gibt die dazu noch 1000km entfernt sind. Insgesamt seien es zwischen 30 und 40 aktive Faustballer in Chile. Dazu gibt es keine Spielrunde, keine Konkurrenz, nur Training und die Spiele zwischen den zwei Clubs.

Diese Situation erklaert auch weshalb hier nicht die Faustballer dieses Event selbst stemmen. Die wenigen Faustballer die es gibt machen entweder die Kernorganisation, betreuen die eigene Mannschaft oder sind als Betreuer fuer die Gastteams eingeteilt. Hier ist das alles halt ein bisschen anders.

Morgen werde ich wieder auf dem Gelaende sein und mir mehr Training anschauen. Meine Mannschaft kann sich schon mal auf ein paar gute Trainingsuebungen gefasst machen die die Frauen hier machen muessen, aehh, duerfen. Was fuer Frauen-Nationalteams gut ist kann fuer ein Maenner-Landesligateam auch nicht schlecht sein, gell?

Viele sprechen hier Deutsch, so auch Rodrigo Bottger, mein Ansprechpartner. Nebenan ist auch die Deutsche Klinik und sogar auf der Strasse findet man hier und dort deutsche Werbung. Man merkt oft, dass hier viele Deutsche ausgewandert sind. Ganz ohne Spanisch tut man sich aber schon schwer. Da geht kaum mehr als das uebliche Touriprogramm. Mein Spanisch ist mir schon Gold wert.

Wenn ihr Gruesse an die deutsche Nationalmannschaft uebermitteln wollt, dann schickt mir eine Email mit ihnen. <[Bild]>